Nachgefragt – Zwölf flexible Photo Fragen –
Hallo, darf ich Dich was fragen?
Wenn ich dich hinterher fotografieren darf, gerne!
Wieso bist du Fotografin? Jeder hat heutzutage eine Kamera und ein Bildbearbeitungsprogramm….
Wieso kaufst du dein Brot beim Bäcker? Jeder hat heutzutage Mehl und Wasser gibt’s ausreichend in der Leitung…
Versteh ich nicht. Kannste mal richtig erklären?
Also gut, Spaß beiseite. Künstlerische und gestalterische Befähigung ergibt sich nicht zwangsläufig durch den Besitz einer entsprechenden Ausrüstung. Gib Irgendjemandem auf der Straße den teuersten Pinsel in die Hand, die auserlesendsten Farben und die größte Leinwand! Wenn er nicht malen kann, wird kein Bild zustande kommen!
Gib Irgendjemandem auf der Straße ein Mikrofon in die Hand und stell ihm die coolste Studioband zur Seite! Wenn er nicht singen kann, werden alle Umstehenden ihr Heil in der Flucht suchen!
Gib Irgendjemandem auf der Straße einen teuren Fotoapparat in die Hand….
Also doch nicht so einfach?
Fotografieren ist das Eine. Jeder macht das heute – da hast du Recht – schon mit dem Smartphone. Fotograf sein ist eine ganz andere Geschichte und ein schwieriges Handwerk. Im Gegensatz zu anderen Hobbys, wo eine gute Technik oftmals persönliche Unzulänglichkeiten kaschieren kann, ist das bei der Fotografie leider nicht so und die Technik rückt schon von vornherein auf Platz 2…
Und was steht auf Platz 1?
Das Auge, das Gefühl für den Augenblick, das Licht, die Farben, das Detail. Der Fotograf ist ein Maler ohne Pinsel und er hat nur eine hundertstel Sekunde Zeit, um sein Gemälde zu vollenden. Er muss sich in Situationen blitzschnell hineindenken können, er muss mitfühlen, mit freuen, mit trauern, mit feiern, um all die Eindrücke um ihn herum für immer in bildhafte Erinnerungen umzusetzen. Dabei hilft ihm Wissen, Erfahrung, Können und oftmals der Zufall. Und dann erst die Technik.
Kannst du mir da ein Beispiel nennen? Woran erkenne ich den Fotografen?
Na komm, ich zeig’s dir:
Schau dir das Bild hier an.
Dieses Foto hat ein Besucher gemacht und eigentlich weißt du gar nicht, worum es hier geht. Erst nach längerem Hinschauen erkennst du eine weiß gekleidete Dame in der Bildmitte, was auf eine Hochzeit schließen lässt. Man sieht vor allem viele Köpfe und weiße Vögel, was auf ein Hochzeits-Ritual, das Taubensteigen lassen, hindeutet. Genauso gut könnte sich es hierbei aber auch um einen Angriff von Killervögeln auf eine Menschengruppe handeln. Wer weiß das schon und Tante Gertrud wird in 20 Jahren mit Sicherheit nicht mehr wissen, was für ein Foto sie in der Hand hält…
Jetzt zeig ich dir ein zweites Bild, von einem Fotografen. Es ist dasselbe Brautpaar, beim oben geschilderten Ritual.
Merkst du was? Ich muss Nichts erklären! Du schaust auf das Bild und weißt alles. Ich muss nicht den Steigflug der weißen Tauben auf dem Bild haben! Der ist Bestandteil der Fantasie des Betrachters. Man hat Platz und Zeit für Träume, erinnert sich und wird Teil des Bildes.
Oder schau hier, was ganz Typisches:
Ein wenig anders hat es der Fotograf gesehen (rechts). Er kennt die Grenzen der Technik und hat somit seiner Kamera etwas bei ihrem Job geholfen – die Szene ist gerettet!
Du bist ziemlich unfair, ich finde jetzt meine Fotos hier auf dem Smartphone grottenhässlich. Kannst du mir was zum Aufmuntern sagen?
Klar! Meine Handybilder sind genau wie deine!
Und wann einen Fotografen engagieren?
Bei großen und bedeutsamen Anlässen würde ich mir das überlegen, die Hochzeit zum Beispiel, oder ein runder Geburtstag, die Geburt des ersten Kindes oder zur Konfirmation. Das sind solche Dinge, die würde ich schon von einem Profi dokumentieren lassen.
Hattest du schon mal einen Fotografen?
Ja sicher! Gar nicht so lange her! Zu meiner eigenen Hochzeit haben wir extra einen Fotografen „im Schnellverfahren ausgebildet“. Die Verwandtschaft sollte man so etwas nicht tun lassen: Alle sollen feiern und dabei sein und nicht mit Objektiven jonglieren!
Und warum bist du so teuer?
Wieso hab ich die ganze Zeit auf diese Frage gewartet?
Der Blick des Fotografen? Das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt?
Scherzkeks. Wir müssen hier nicht groß herumreden: Dienstleistungen sind teuer, solche im künstlerischen Sektor umso mehr. Es gibt keine Billigprodukte und Rabattfotografen, es sei denn, man meint es nicht so ehrlich mit diesem Beruf. Der Fotograf ist ein Schwerarbeiter. Wenn er zum Beispiel eine Hochzeit mit 15 kg Ausrüstung den ganzen Tag begleitet hat, ist lange noch nicht Schluss. Nach dem Shooting beginnt die eigentliche Arbeit: Tausende Fotos müssen gesichtet, bearbeitet, korrigiert und ausgewählt werden. Dankeskarten sollen entstehen, Fotobücher müssen in die Druckerei. Auch der Fotograf muss sich versichern, muss Steuern abführen, sollte hin und wieder auch mal was zu sich nehmen, muss tausende Kilometer mit dem Auto fahren, hochwertige Bild- und Bearbeitungstechnik anschaffen und unterhalten. Ich verzichte auf Studio und Ladenlokal und kann die eingesparten Kosten 1:1 zur Kundenentlastung einsetzen. Insofern bin ich nicht teuer – vergleiche ruhig mal mit Kollegen – sondern bewege mich in einem gerade noch machbarem Level. Alles Andere wäre wirtschaftlicher Unsinn.
Verrätst du ein Insider-Geheimnis an uns Laien?
Wenn Sonne lacht, nimm Blende Acht!
Na danke Vielmals….. Hat mich sehr gefreut….
Und jetzt das Foto von Dir!!!!!